Wissenswertes
Silberarbeiten aus Indien 1858 bis 1947
Geschichte
Wenn wir über indisches Silber aus dem Zeitraum 1858 bis 1947 schreiben, gilt es zu beachten, dass dies den gesamten indischen Subkontinent umfasst, also die späteren Staaten Indien, Pakistan, Bangladesch und Burma (später Birma- heute Myanmar), die alle ab 1877 als Kaiserreich Indien in Personalunion von der britischen Krone regiert wurden. Queen Viktoria war auch Empress of India, Kaiserin von Indien. Während dieser britischen Kolonialzeit , die 1947 mit der Unabhängigkeit Indiens endete, wurden indische Silberschmiedearbeiten in Europa und Amerika mehr und mehr bekannt und geschätzt.
Silber galt und gilt bis heute in Indien als heilig und rein. Hindus verwendeten es früher vornehmlich für religiöse Zwecke. Da poliertes Silber die Farbe von Mondlicht hat, nannten es die Inder Chandi (Silber) was sich von Chandni (Mondlicht) ableitet. Neben religiöser Verwendung, wurde aus Silber vor allem Schmuck gefertigt. Silber symbolisierte Reichtum und Macht.
Britische Kolonialzeit und Export nach Europa
Aber schon zu Zeiten der British East India Company im 17. Jahrhundert begannen indische Silberschmiede „Gebrauchssilber“ für den europäischen Mark zu fertigen. Diese Silberarbeiten aus den verschiedensten Regionen Indiens waren eine interessante Mixtur aus europäischen Formen und traditionellen, indischen Dekoren und Zierelementen. Jede der Regionen hatte ihre eigenen, unverwechselbaren Muster und Fertigungsmethoden, die über Jahrhunderte in gleicher und unveränderter Form bis heute Bestand haben. Diese ungewöhnlichen Silberobjekte fanden bald ihren Weg nach Europa und Amerika, wo sie auf großen Ausstellungen vorgestellt wurden und ein modebewusstes Publikum begeisterten.
So wurde es auch zunehmend für englische Silberschmiede- und Manufakturen interessant in Indien zu arbeiten oder arbeiten zu lassen, um nach Europa zu exportieren oder die große Zahl der in Indien ansässigen Europäer zu beliefern. Etliche Meistermarken auf indischem Silber zeugen von diesem internationalen Austausch.
Im größeren Stil sind von den berühmten Firmen Liberty & Co. in London und Elkington & Co. in Birmingham indisches Silber importiert und auch in eigener Regie gefertigt worden. Firmenkataloge aus dieser Zeit belegen dies eindrucksvoll:
Muster & Symbolik
Traditionelles, indisches Silber war eher schlicht und einfach in den Formen, wurde jedoch mit aufwändigen Dekoren gefertigt, die den symbolischen und spirituellen Wert des Objektes erhöhten.
Indisches Silber steckt voller Symbole und Darstelllungen aus der indischen Mythologie.
Selbst Wochentage und Monate haben in Indiens ihre eigenen Symbole.
Zum Beispiel:
Sonntag – den Garuda, ein Vogelmensch
Montag – den Tiger
Dienstag – den Löwen
Mittwoch – der Elefant mit Stoßzähnen(vormittags) ohne Stoßzähne nachmittags
Donnerstag – die Ratte
Freitag – das Schwein
Samstag – die Schlange
Den größten Umfang auf indischem Silber nehmen die Darstellungen aus dem großen Jataka – Epos mit tausenden von Versen ein, die das Leben Buddhas und seine verschiedenen Inkarnationen zeigen. Auch die indische Götterwelt nimmt beim Silberdekor einen großen Raum ein.
Mit besonderer Kreativität schafften es die indischen Silberschmiede fremdländische Einflüsse aufzunehmen, ohne die grundlegenden Elemente der Techniken und indischen Symbolik aufzugeben. Somit konnten die Künstler ihre eigene Tradition mit den Vorstellungen eines europäischen und internationalen Marktes vereinen.
Wichtige Silberzentren
Die einzelnen Regionen hatten ihre ganz eigenen und unverwechselbaren Dekore und Techniken. Dadurch lassen sich indischen Silberobjekte (auch ohne Marken) recht gut den Silberzentren dieser Regionen zuordnen.
Zum Beispiel:
Silberfeingehalt
Indisches Silber hatte zu keiner Zeit einen einheitlichen Reinheits-Standard. Die Mischung von reinem Silber mit anderen Materialien variierte von Region zu Region.
Weder der Silberfeingehalt war gesetzlich vorgeschrieben, noch gab es ein offizielles Stempelsystem. Auch war es nicht üblich einen Gegenstand mit seiner Meistermarke zu versehen.
Das Fehlen von Marken auf indischem Silber ist daher ohne große Bedeutung und kein Kriterium für die Beurteilung des künstlerischen Wertes oder der handwerklichen Qualität.
Die feine Verarbeitung der aufwändigen Dekore erforderte ohnehin ein weicheres und daher reineres Silber.
So sind indische Silberarbeiten fast immer von einem hohen Silberfeingehalt von über 900/1000.
Die Arbeiten von Cutch weisen zum Beispiel alle einen Silberfeingehalt von 96 bis 98 Prozent auf.
Importmarke der Firma Elkington für ein Tablett aus Cutch
So zeigt diese Importmarke, die auf den ersten Blick wie eine „normale“ British Hallmark – Reihe aussieht, neben dem Firmenzeichen, dem Jahresbuchstaben r für 1891 und der Stadtmarke Birmingham, dem Anker, zusätzlich das F für „Foreign“ als Importstempel und anstatt der üblichen Feingehaltsmarke des Lion passant (für 925/1000) die seltenere „Britannia-Marke“ für den hohen Silberfeingehalt von 958/1000, den sogenannten Britannia-Standard. Durch den Import nach England musste in jedem Fall, der hierfür vorgeschriebene Mindestfeingehalt von 925/1000 gewährleistet sein.
Indische Silbermarken
Es gibt aber durchaus auch eine Vielzahl von Marken: Fantasievolle Meisterzeichen in floraler Form oder Tiergestalt und später in den Silberzentren Initialen mit und ohne Städtenamen, sowie die Marken der Silbermanufakturen in den großen Städten.
Unbekanntes Meisterzeichen auf einer alten Arbeit aus Burma |
Meisterzeichen der Firma Oomersee Mawjee & Sons aus Bhuj, Cutch |
Meisterzeichen der berühmten |
Weitere indische Meistermarken finden Sie in der „Online Encyclopedia of Silver Marks, Hallmarks & Makers´Marks“ unter „British Colonial Silver Marks – India“