Silbersuite

Wissenswertes

SilberKeine Marken - kein Silber?
Warum manche Silberobjkete keine Marken tragen

Keine Silbermarken, kein Silber! So oder ähnlich lautet meine Antwort auf die viele Anfragen an die Silbersuite zur Bestimmung von silbernen Objekten. Dabei ist es grundsätzlich schwer, ohne das Stück selbst in der Hand zu haben, eine hundert Prozent eindeutige Aussage zu machen. Allerdings geben die Bilder der Objekte, die ich zugemailt bekomme und die meist aus dem Ende des 19. und des 20. Jahrhunderts stammen und eindeutig Manufakturware sind, etliche Hinweise, dass es sich nicht um echtes Silber handelt: Kein Wärmeunterbrechungen an den Kannen, dünne Silberauflagen bei den das Messing oder das Kupfer durchkommt, Farbe, poröse Struktur, etc.

Schon im Altertum waren den Gold-und Silberschmieden Stempel von der Obrigkeit vorgeschrieben, um die Silberlegierungen und den Feingehalt zu garantieren, (und auch um die Ausmünzung/die Münzprägung zu gewährleisten.) Ab ca. dem 15. Jahrhundert etablierten sich, von Stadt zu Stadt und von Land zu Land unterschiedlich, umfangreiche und teils komplizierte Stempelsysteme, strenge, behördliche Vorschriften und Kontrollmaßnahmen, um Betrug zu unterbinden und sowohl dem Staat, als auch dem Kunden Schutz zu bieten.

Silbergarantiestempel

Dennoch, die Aussage: Keine Marken, kein Silber ist so nicht immer korrekt. Es gibt, wenn auch nicht breit gesät, immer wieder Ausnahmen, bei denen echtes Silber, dabei ganz hervorragende Stücke, keine Silbermarken – Beschauzeichen, Feingehaltsmarken, Steuerstempel oder Meisterzeichen tragen.

Hier finden Sie ein paar Gründe aufgelistet, wobei sich die Punkte 1. bis 4. auf die frühen Jahrhunderte bis ca. in das erste Drittel des 19. Jahrhundert beschränken und nicht für Manufakturware gelten.

1. Silber (und Gold) aus königlichen oder kirchlichen Beständen:

Königliche Häuser und auch die Kirchen vergaben Aufträge an Handelsagenturen und bekannte Silberhändler, die diese wiederum an die verschiedenen Silberschmiede-Werkstätten weiterleiteten. Lesen Sie dazu auch „Eine Klasse für sich-Augsburger Silber“. Jeder Hof hatte auch „Hofgoldschmiede“, die sich um Reparaturen kümmerten und Ergänzungen zu vorhandenem Service und Sets lieferten. Einige Wünsche wurden mit vorhandenem Silber aus den Schatzkammern der Fürsten gefertigt, wobei auch Objekte, die nicht mehr der Mode oder dem Geschmack des Auftraggebers entsprachen, eingeschmolzen wurden, um Neues zu schaffen. Da König, Fürst und Kirche im Genuss der Steuerfreiheit standen, konnte auf den Beschau, den Beweis für die Steuerabgabe verzichtet werden. Das erklärt die Existenz von - oft besonders hochwertigen und außergewöhnlichen Gegenständen, die keine Stempel tragen, deren Herkunft und Echtheit dennoch nicht angezweifelt werden können.

Für dieses „aus alt mach neu“ ist ein Vermeilbecher mit dem Wappen des Abt von Roth zu Roth ein gutes Beispiel. Er trägt keinerlei Marken. Dennoch ist sicher, dass dieser Becher für den 45. Abt zu Roth, Nikolaus Betcher 1790 von dem Augsburger Silberschmied Johann Mathias Lang angefertigt wurde, denn es gab, belegt ,noch einen identischen Becher mit Marken, eventuell auch mehrere. Wohl bei der Säkularisation 1803 kamen die Becher direkt oder indirekt in den Besitz der Fürsten von Thurn und Taxis. Der eine Becher, korrekt gestempelt, wurde bei Sotheby´s in Genf für eine fünfstellige Summe versteigert. „Mein“ Gegenstück, völlig identisch und mit den gleichen Gravuren und dem aufwändigen, unverwechselbaren Wappen, kam ohne Zweifel aus derselben Quelle. Hier wurde wohl auf Wunsch es Abts ein weiterer Becher angefertigt, das Silber kam höchstwahrscheinlich von einem eingeschmolzenen Silberstück.

Becher Roth zu Roth Kopie

2. Ergänzungen:

Mit dem ersten Punkt vermischt sich auch der 2.Grund „Ergänzungen“. An den Höfen Europas war es keine Seltenheit, dass Tischleuchter in Serien von mehreren hundert Stücken gefertigt wurden, das Gleiche galt für Tafelsilber- Teller, Becher, Bestecke. Immer wieder mussten kaputte oder fehlende Teile ergänzt werden. Manche davon tragen Marken, bei manchen fehlen sie völlig. So finden wir regelmäßig im Handel und auf Auktionen, durch das identische Adelswappen ersichtlich, zusammengehörende Service und Serien von Tafelsilber, ein Teil mit, der andere Teil ohne Marken. Solange ein ganzes Set veräußert wird und durch die Teile mit Marken, Herkunft und Alter bestimmt werden können, ist das kein Problem. Wenn aber, wie es so oft passiert, die Serien auseinandergerissen wurden und nur ein Einzelstück oder ein Paar auftaucht, die nun zum Teil der Ungestempelten gehörten, wird es schwierig. In den Beschreibungen steht dann zum Beispiel: Barockleuchter 18. Jahrhundert, ungemarkt, Silber geprüft. Das wird im seriösen Handel und bei guten Auktionen meist korrekt sein. Stil und handwerkliche Herstellungsart geben gute Hinweise, eine professionelle Prüfung des Silberfeingehaltes zusätzliche Sicherheit.

Silber aus Fuersten Koenigshaeusern

3.„Schwarz“ – an der Steuer vorbei:

Obwohl überall dort, wo es strenge Vorschriften und Gesetzte der Zünfte gab, drakonische Strafen drohten, Silberarbeiten nicht zur Beschau vorzulegen und damit auch die steuerlichen Abgaben zu entrichten, wurden Silberobjekte gefertigt, die auf den Jahrmärkten, meist außerhalb der Städte gelegen, angeboten, ge -und verkauft wurden. Zum Vorteil für Käufer und Silberschmied. Das auf diesen Objekten neben dem Beschauzeichen/Garantiezeichen auch die Meistermarke fehlt, die den „Gesetzesbrecher“ identifizieren könnte, versteht sich von selbst. Manche dieser Objekte wurden auf "verschlungenen" Wegen nach ganz Europa verkauft. In diese Kategorie fallen auch die Kleinigkeiten, die sich Gesellen, wie Meister für sich selbst fertigten (obwohl verboten): Die Kinderrassel für das Neugeborene, den Becher für den Täufling, den Schlüsselring für die Frau Gemahlin.

4. Befreiung von der Punzierung – Beschau und Meisterzeichen:

Einige Objekte waren ganz offiziell von der Punzierungspflicht befreit. Dazu gehörten Silber-Drechselarbeiten, eine Technik, die zum Beispiel für Pomander, kunstvolle Riechdosen und Duftgefäße, aber auch Fingerhüte oder Nadelbehälter verwendet wurde. Drechselmaschinen standen in Florenz bis Stockholm. In Deutschland sind vor allem Augsburg, Regensburg und Nürnberg für kunstvolle Drechselarbeiten bekannt. Da neben dem Verzicht auf das Beschauzeichen auch die Meistermarke fehlt, sind die Objekte nur schwer einer Stadt oder einem Meister zuzuordnen. Wolfgang Seling erwähnt in seinem Standardwerk über Augsburger Silber, 52 Silberdrechsler ohne nähere Angaben zu Arbeiten und Objekten.

Von der Stempelpflicht befreit

Ebenfalls von der Punzierungspflicht entbunden waren Objekte mit Tiefstichemail, (auch Tiefschnittemail) eine Technik, die im 16. und 17. Jahrhundert sehr beliebt war Hier werden auf Silber- oder Goldplatten Ornamente eingraviert, die mit Transluzid-Email gefüllt werden, was einen kühlen Farbeffekt ergibt. Aus technischen Gründen wurde bei Silberunterlagen nur reines Silber verwendet (1000/1000), was den Beschau, (die Prüfung des vorgeschriebenen Silberfeingehalts), erübrigte und deshalb diese Werke oft keine Marken tragen.

Auch bei vielen Glas- und Porzellanobjekten mit Silberoverlay des späten 19. und frühen 20. Jahrhunderts suchen wir vergeblich nach Marken. Berühmte Firmen dieser Technik, wie zum Beispiel Spahr signierten ihre Objekte, bei anderen Objekten finden wir lediglich den Stempel 1000/1000, für den reinen Silberfeingehalt. Viele, vor allem kleine Vasen, Flakons oder Tassen haben keine Marken, obwohl auch bei Ihnen das geprüfte Overlay-Silber den Feingehalt von 950 -1000/1000 ergibt.

Overlay Objekte

5. Platzmangel – wohin mit dem Stempel:

Für manche Techniken und einige Objekte war und ist es schwierig einen geeigneten Platz für einen Stempel, und sei es nur ein Garantiestempel, zuSilberknopf Chester finden. Dazu gehören in erster Linie Objekte in Filigrantechnik. Wenn das Stück komplett aus Silberdrähten besteht und kein Boden oder Rand aus Vollsilber vorhanden ist, gibt es keine Möglichkeit eine Punze einzuschlagen. Anhand der Machart und auch der Muster lassen sich Filigranarbeiten aber gut einer Zeit und einem Land zuordnen. In Russland sind die Filigranarbeiten sehr dicht gearbeitet, in Deutschland kamen Filigranarbeiten, darunter Dosen, Visitenkartenetuis und viele Miniaturen aus den Silberschmieden und Manufakturen aus Schwäbisch Gmünd, die aufwändigsten und für diese Technik größten Objekte stammen aus Portugal, die meist in die Mitte des 19. Jahrhunderts datiert werden. Ebenso dazu gehören, dem Filigransilber verwandte Techniken, wie Draht- und Bandgeflechte.

Vielfach wurden auch bei besonders kleinen oder filigranen Objekten, einfach aus optischen Gründen auf „störende“ Punzen verzichtet. Dazu können, müssen aber nicht zwangsläufig Baby- Puppenrasseln, Knöpfe, Miniaturen, kuriose Dinge, wie Tropfenfänger, Messgeräte, etc. gehören.

Nur die Engländer verzichten niemals auf ihre Marken und schaffen es selbst auf die kleinsten Objekte, die vorgeschriebene Markenreihe zu schlagen - korrekt, aber nicht immer schön.

Kein Platz fuer Marken

6. „Exotisches Silber“:

Während es in Europa und später auch in den USA feste Regeln, Vorschriften und Gesetzte für die Fertigung von Silber gab, die durch Zünfte, Gilden, Beschaumeister und Steuerämter auf deren Einhaltung überprüft wurden und so mit den entsprechenden Silbermarken – von Garantie-bis Meistermarke – dokumentiert werden mussten, gab es solche Regelungen in Indien, China und in anderen fernöstlichen Ländern sowie teils auch in Südamerika nicht. Man konnte sein Silberwerk mit einer Marke „signieren“, bekannte Firmen taten dies aus Imagegründen ohnehin, aber es gab keine Pflicht. Die vielen Silberschmiede in ihren kleinen Werkstätten, die teils wunderschöne und auch handwerklich hervorragende Silberobjekte schufen, ließen ihre Stücke ungemarkt. Siehe dazu auch den Artikel "Fremde Länder -fremdes Silber"

Exotisches Silber

7. Versteckte oder völlig verputze Marken:

Diese Silberobjekte haben oder hatten sehr wohl Marken. In dem einen Fall sind sie so schwer zu finden, dass auch ich schon oft dachte, es gibt keine Marken, bis ich nach langer Suche, minutiös mit der Lupe Stück für Stück abgetastet und dann endlich in einer Verzierung, im Geflecht eines Durchbruches, in der Unterseite einer montierten Figur oder im dunklen Inneren (und dementsprechend auch nicht zu fotogarfieren) entdeckt hatte. Im anderen Falle sind die ehemaligen Marken so flach, so verputzt, dass nur ein kleiner Strich oder Haken, der eher wie ein Kratzer im Silber aussieht, dem geschulten Auge eine Marke offenbart. Hier kann das Ergebnis der Silberfeingehaltsprobe, sowie der Stil weiterhelfen das Objekt einzuordnen. Garantieren lässt sich das nicht.

8. Entfernte Marken:

Auch das kann ein Grund für eine fehlende Punzierung sein. Meist steckt nichts Gutes dahinten. Es gibt Fälle, da wurden Marken entfernt und durch neue ersetzt oder die Marken wurden überstempelt. Beispiele dafür hatte ich bei französischen Objekten, deren Bourbonenmarke nach der Revolution entfernt wurden, aber durch neue ersetzt waren. Diese hatten dann aber wieder zuzuordnende Marken. Heute sehe ich entfernte Marken zum Beispiel bei Hanauer Arbeiten im alten Stil. Teilweise sind die Objekte so gut gemacht, dass nur die kleine Firmenmarke zum Beispiel die Sichel von Schleissner & Söhne die wahre Herstellungszeit erzählt. Vielfach haben diese Objekte Fantasiemarken, was die Sache eindeutig macht. Manchen Stücken aber fehlen jegliche Marken, weil sie absichtlich entfernt wurden, was unseriösen Händler Interpretationsfreiheit gibt, was das Alter des Silbers angeht. Auch ersteigerte ich Objekte, bei denen man deutlich sieht, wie grob und schlampig die Marken unkenntlich gemacht wurden, weggekratzt oder ausgeixt. Über das Warum kann ich nur spekulieren., denn das Objekts selber war/ist eine zweifelsfrei gute Silberarbeit.

Zum Schluss möchte ich etwas Grundsätzliches zu Silbermarken sagen, bzw. Alain Gruber, den Autor des hervorragenden Fachbuches über Silber „Gebrauchssilber des 16. bis 19. Jahrhunderts“ zu Wort kommen lassen, mit dem ich in der Ansicht, dass Silbermarken oft eine zu große Bedeutung beigemessen wird, ohne Berücksichtigung des Objektes selbst, übereinstimme. Er schreib: .. die Interessenten bevorzugen die von lokalen Werkstätten oder in international berühmten Zentren, wie Paris, London, Moskau oder Augsburg hergestellte Objekte. So ist es nur verständlich, dass man dem Vorhandensein eines die lokale oder berühmte Herkunft beglaubigenden Stempels große Bedeutung beimisst und dabei häufig die ästhetischen Eigenschaften des Gegenstandes, die handwerklich, technische Leistung oder die Originalität der Formen nicht gebührend würdigt. So wird heute im Allgemeinen den Silberstempeln und ihrer Identifizierung eine übertriebene Bedeutung beigemessen, so als könnten sie dem Käufer einen unwiderlegbaren Echtheitsbeweis liefern! Die große Zahl falscher Signaturen und Stempel auf Gemälden, Möbelstücken und sonstigen Kunstgegenständen dürfte die Fragwürdigkeit solcher Bestätigungen hinlänglich beweisen....

Die hier von mir aufgeführten Beispiele für beste Silberobjekte ohne Marken, bestätigen die Aussage, ebenso wie die vielen Beispiele für Pseudomarken und gefälschte Markenbeispiele, wie ich sie in dem Artikel „Original, Kopie und Fälschung“ beschrieben habe.

Auf der sicheren Seite beim Kauf von Silber mit und ohne Marken sind Sie, wenn Sie bei einem seriösen Händler kaufen, der Ihnen mit einer Expertise, die Echtheit des Objektes bestätigt und jederzeit (auch nach der gesetzlichen Frist), das Silber zurücknimmt, falls an der Aussage Zweifel auftreten sollten.

 

 

 

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